Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf
Betriebliches Eingliederungsmanagement vor Kündigung

 

(red/dpa). War ein Mitarbeiter langfristig erkrankt, ist es für ihn unter Umständen nicht möglich, sofort wieder voll in den Beruf einzusteigen oder mit den bisherigen Arbeitsplatzbedingungen unverändert weiterzuarbeiten. Um Arbeitnehmern den Wiedereinstieg zu ermöglichen oder zu erleichtern, sieht das Gesetz ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vor.

Das gilt für Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt erkrankt sind. Kündigt in solchen Fällen der Arbeitgeber aufgrund der erkrankungsbedingten Fehlzeit, muss er zuvor im Rahmen des BEM den Versuch machen, Perspektiven für den künftigen Einsatz des Mitarbeiters auszuloten. Tut er dies nicht, muss er ausführlich schildern, warum dies nicht möglich ist.

Er muss darlegen, warum der Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz nicht weiter beschäftigt werden kann, ein Einsatz nach leidensgerechter Anpassung und Veränderung ausgeschlossen ist und warum ein Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz nicht in Betracht komme. Er darf also nicht einfach nur behaupten, dass keine betrieblichen Anpassungsmöglichkeiten existieren. Auf eine entsprechende Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Oktober 2015 (AZ: 28 Ca 9065/15) wird hingewiesen.

Der Arbeitgeber kündigte einem Mitarbeiter, der aufgrund einer Krebserkrankung länger als ein Jahr arbeitsunfähig erkrankt war. Als Begründung nannte das Unternehmen die lange Fehlzeit und die dadurch entstehenden Kosten. In dem Kündigungsschreiben heißt es unter anderem: „ Eine alternative, Ihren Fähigkeiten und Gesundheitszustand entsprechende Position in unserer Firma steht nicht zur Verfügung.“

Der Mann wehrte sich gegen die Kündigung - und das Gericht gab ihm Recht. Die Kündigung sei unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam. Der Arbeitgeber habe im Rahmen des BEM nicht ausreichend geprüft, ob der Mitarbeiter auf seinem Arbeitsplatz nicht hätte weiterbeschäftigt werden können.

Das Gericht wies darauf hin, dass eine Kündigung nicht schon allein deswegen unwirksam sei, weil der Arbeitgeber bei seinem Vorgehen Defizite gezeigt habe. Allerdings müsse er dann umfassend darlegen und nachweisen, warum er nicht in der Lage sei, dem Mitarbeiter eine Zukunftsperspektive zu bieten.

Im vorliegenden Fall stelle das Unternehmen gar nicht in Abrede, „ein betriebliches Eingliederungsmanagement schlichtweg unterlassen“ zu haben. Stattdessen habe der Arbeitgeber, so das Gericht, seine subjektiven, einseitigen Annahmen über die gesundheitlichen und betrieblichen Perspektiven des Mitarbeiters aneinander gereiht, ohne auch nur zu versuchen, diese Annahmen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Das sei nun aber gerade nicht der Sinn des Eingliederungsmanagements. Man könne dieses im Gegenteil als „organisierten Suchprozess“ beschreiben, also als die organisierte Suche nach Lösungen.

Zu diesem Suchprozess gehörten das Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, möglicherweise unter Einbeziehung von externem Sachverstand und der stufenweisen Wiedereingliederung des Arbeitnehmers im Rahmen des „Hamburger Modells“. Der Arbeitgeber müsse mögliche Änderungen der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte ebenso prüfen wie eine mögliche Umgestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit.

 

     
 
     
   
     
     

 

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