Kritik an Arbeitgeber mit Hinweis auf NS-Regime: keine Kündigung
des Betriebsratsmitglieds
Kritisiert ein Betriebsratsmitglied die geplante Einführung
von Überwachungskontrollen und verweist dabei auf die Zeit der
nationalsozialistischen Diktatur, ist dies kein Kündigungsgrund. Auf die
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. März 2016 (AZ: 10 Ta BV
102/15) wird hingewiesen.
Das Betriebsratsmitglied arbeitete seit über 20 Jahren in
einem Senioren- und Pflegezentrum als Altenpfleger im Nachtdienst. Fast ebenso
lange war der Mann Mitglied des Betriebsrats.
Als Kollegen dem Mann berichteten, dass der Arbeitgeber
wöchentliche Überwachungskontrollen der Pflegekräfte mit Hilfe technischer
Geräte plane, schrieb dieser eine Mail an den Arbeitgeber. Darin hieß es unter
anderem:
„Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70
Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist
dies der Anfang von dem, was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann…"
Der Arbeitgeber wollte dem Mann daraufhin fristlos kündigen.
Er war der Meinung, die Mail enthalte durch den Vergleich mit dem
nationalsozialistischen Terrorregime eine grobe Ehrverletzung. Der Betriebsrat
verweigerte jedoch seine Zustimmung dazu. Vor Gericht forderte der Arbeitgeber
die Ersetzung dieser Zustimmung.
Er hatte in der ersten und zweiten Instanz keinen Erfolg. In
der Tat sei ein Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem NS-Regime in der
Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung. Die Richter konnten hier jedoch
keine solche Gleichsetzung erkennen. Zwar habe sich der Mann geschmacklos
ausgedrückt, er warne jedoch lediglich vor einer möglichen künftigen
Entwicklung. Es gehe ihm darum, dass man Entwicklungen von Beginn an beobachten
müsse, „bevor etwas aus dem Ruder läuft". Eine solche Äußerung sei noch durch
das Recht der Meinungsfreiheit geschützt.
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