Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

 

Nutzung einer fremden Zutrittskarte für die Kantine – keine Kündigung

 

Frankfurt a.M./Berlin. Wer die Zutrittskarte seines erkrankten Lebensgefährten, der gleichzeitig Kollege ist, nutzt, um vom bezuschussten Kantinenessen zu profitieren, kann deshalb nicht gekündigt werden. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. September 2008 (AZ: 8 Sa 548/08).

Die Mitarbeiter eines Unternehmens konnten nach vorheriger Anmeldung und gegen eine Monatspauschale in Höhe von rund 50 Euro am Mittagessen in der Kantine teilnehmen. Diese Essen wurden mit jeweils circa 3 Euro vom Arbeitgeber bezuschusst. Die übrigen Mitarbeiter konnten sich Geld auf die Zutrittskarte laden und dann in der Kantine ein Gästeessen zum Preis von mindestens 10 Euro einnehmen. Eine Mitarbeiterin, die seit 1999 im Betrieb beschäftigt war, hatte bis Januar 2003 an der Mittagsverpflegung teilgenommen, sich danach jedoch nicht wieder angemeldet. Ihr Lebensgefährte war angemeldet und entrichtete die Pauschalzahlung. Während er krankheitsbedingt zu Hause bleiben musste, hatte seine Lebensgefährtin sich an sieben Arbeitstagen mit seiner Zutrittskarte die günstigeren Mittagessen gekauft. Als der Arbeitgeber hiervon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Er sah in dem Verhalten der Mitarbeiterin den Straftatbestand der Erschleichung einer Leistung.

Die Mitarbeiterin konnte sich gegen die Kündigung erfolgreich wehren. Im Hinblick auf das der Mitarbeiterin vorzuwerfende Fehlverhalten wäre eine erfolglose Abmahnung erforderlich gewesen. Es sei entschuldbar, wenn sie geglaubt habe, unter Nutzung der Zutrittskarte ihres Lebensgefährten – ausschließlich – zu diesem Zweck die Mittagsverpflegung an seiner Stelle in Anspruch nehmen zu dürfen. Sie müsse auch nicht annehmen, dass dadurch irgendjemandem ein Schaden entstehen würde. Sie habe sich vielleicht denken können, dass ihr Verhalten verboten sei, offensichtlich sei dies jedoch nicht. Im Übrigen erachtete das Gericht eine Kündigung, sei sie außerordentlich oder ordentlich, im Hinblick auf die Beschäftigungsdauer und das Gewicht der vorgeworfenen Pflichtverletzung für unverhältnismäßig.

 

 

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