Entziehung des Pflichtteils nur bei
schwerwiegender Straftat
Hamm/Berlin. Eltern können ihren Kindern den
Erbpflichtteil nur entziehen, wenn diese gegen die Eltern eine schwere Straftat
verübt haben. Die Veruntreuung einer Geldsumme reicht dafür nicht aus. Dies geht
aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Februar 2007 (AZ: 10 U
111/06) hervor.
Der Sohn des Verstorbenen verlangte von seiner Schwester, der
Alleinerbin, den Pflichtteil. Diese weigerte sich zu zahlen, denn der Vater der
Geschwister hatte in seinem Testament bestimmt, dass er seinen Sohn enterbe und
er auch den Pflichtteil nicht erhalten solle. Er begründete dies damit, dass der
Sohn vor mehreren Jahren 27.000 € vom Konto des Vaters ohne dessen
Einverständnis abgehoben hatte. Die Summe verwendete er für seine eigene Firma,
obwohl er mit dem Geld die Renovierung eines Mehrfamilienhauses des Vaters
vorantreiben sollte. Kurz darauf sperrte der Vater das Konto, so dass der Sohn
nichts mehr abheben konnte. Der Sohn klagte seinen Pflichtteil ein. Er bestritt
das Geld damals veruntreut zu haben, weil der Vater die Verwendung erlaubt habe.
Das Landgericht Bochum hielt die Bestimmungen des Erblassers im Testament für
wirksam und die missbräuchliche Verwendung des Geldes für so schwerwiegend, dass
die Schwester den Pflichtteil nicht auszahlen brauchte.
Im nächsten Rechtszug hatte die Klage des Sohnes jedoch Erfolg.
Ein Elternteil könne dem Kind den Pflichtteil entziehen, wenn das Kind sich
gegenüber dem Verstorbenen eines Verbrechens oder eines schweren Vergehens
schuldig gemacht habe. Dies könne es aber nur, wenn die Verfehlung eine grobe
Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses darstelle und eine schwere Kränkung
des Verstorbenen bedeute. Dies hänge von den Umständen des einzelnen Falls ab.
Die angebliche durch den Sohn begangene Veruntreuung reiche nicht aus, denn sie
sei gegenüber dem Vater nicht schwerwiegend genug gewesen. Es sei zu
berücksichtigen, dass sich der Sohn damals in einer schwierigen wirtschaftlichen
Situation befunden und die Absicht gehabt habe, das Geld an den Vater zurück zu
zahlen.
◄
zurück
|