Erbschaft nicht voreilig ausschlagen
Ein Erbe auszuschlagen kann sinnvoll sein, wenn die Schulden
höher sind als die Vermögensbestände. Vorsicht geboten ist aber bei einer so
genannten „Ausschlagung aus allen Berufungsgründen“. Es wird oft übersehen, dass
eine Erbenstellung auf gesetzlicher Erbfolge oder auf einem Testament beruhen
kann. Die Ausschlagung sollte daher ausdrücklich auf den jeweiligen
Berufungsgrund beschränkt werden, anderenfalls droht der Verlust der gesamten
Erbschaft, gleich aus welchem Rechtsgrund.
Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich mit einem Fall zu
beschäftigen, bei dem nach dem Tod der Eltern die gesetzliche Erbfolge zu
Gunsten der drei Kinder zu jeweils gleichen Teilen eintrat (Beschluss des
Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Februar 2011, AZ: 15 W 167/10). Ein Sohn war
allerdings davon ausgegangen, dass ein privatschriftliches Testament der Eltern,
in dem seine beiden Geschwister als Erben eingesetzt worden waren, gültig sei.
Daher schlug er die Erbschaft „aus jedem Berufungsgrund“ aus. Da das Testament
ungültig war, trat jedoch die gesetzliche Erbfolge ein.
Nun hatte der Sohn allerdings keine Möglichkeit mehr, seine
Ausschlagung wegen Irrtums anzufechten. Schlage ein Erbe die Erbschaft „aus
allen Berufungsgründen“ aus, bringe er damit zum Ausdruck, dass er die Erbschaft
in jedem Fall ausschlagen wolle. Dies betreffe sowohl die bekannten als auch die
unbekannten Berufungsgründe. Daher sei eine solche Erklärung nicht wegen Irrtums
anfechtbar: Sie zeige, dass dem Ausschlagenden der konkrete Berufungsgrund
gleichgültig sei. Mangels Anfechtungsrechtes sei der Sohn somit aus der
gesetzlichen Erbfolge ausgeschieden.
Auch vor einer voreiligen Ausschlagung zum Beispiel wegen nur
vermuteter Nachlassüberschuldung muss gewarnt werden. Der Erbe hat hier auch die
Möglichkeit der Haftungsbeschränkung.
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