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„Ausstattung“ ist auf Pflichtteilsanspruch anrechenbar

 

„Ausstattung“ ist auf den Pflichtteilsanspruch anrechenbar. Bei Streitigkeiten um den Nachlass geht es oft darum, ob Zuwendungen, die ein Erbe im Vorfeld des Erbfalls erhalten hat, auf seinen Pflichtteil anzurechnen sind. In der Praxis relativ häufig sind so genannte Ausstattungen, auch wenn dies in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist. Bei Ausstattungen handelt es sich um Güter, die Angehörige einem Kind mit Blick auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zuwenden.

Dabei handelt es sich nicht um eine „Schenkung“, sondern um eine Zuwendung, damit das Kind seine wirtschaftliche Selbständigkeit begründen kann. Einen typischen Fall einer solchen Ausstattung hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe zu entscheiden: Die Großeltern setzten sich testamentarisch zu Alleinerben ein und machten ihren Sohn zum Schlusserben. Ihre Tochter war bereits verstorben und hinterließ eine Tochter.

Damit diese sich eine Immobilie kaufen konnte, gaben die Großeltern ihr 220.000 DM. Im Gegenzug räumte die Enkelin dem längstlebenden Großelternteil ein lebenslanges Wohnrecht an der zu erwerbenden Immobilie ein. Die schriftliche Vereinbarung wurde mit „objektbezogene Zuwendung/Schenkung“ überschrieben. Weiterhin übernahmen die Großeltern eine Bürgschaft in Höhe von 180.000 Euro zugunsten der Enkelin.

Nach dem Tod der Großmutter klagte die Enkelin gegen ihren Onkel auf Auszahlung eines Pflichtteilsanspruchs in Höhe von rund 10.000 Euro. Das Gericht entschied, dass sich die Enkelin die Zuwendung auf ihren Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen müsse. Es liege eine Ausstattung vor. Die Zuwendung zum Kauf der Immobilie sei für die Begründung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der 24-jährigen Enkelin bestimmt gewesen.

Auf die Notwendigkeit der Zuwendung komme es nicht an. Liege eine größere Zuwendung vor, spreche dies sowieso für eine Ausstattung. Dagegen könnten allerdings auch Gründe sprechen, etwa wenn zusätzlich verfolgte Zuwendungszwecke vorlägen. Ein solcher Zuwendungszweck könnte das eingeräumte Wohnrecht sein. Die Zuwendung sei aber hier schwerpunktmäßig zur Begründung der wirtschaftlichen Selbständigkeit erfolgt.

Da zum Zeitpunkt der Zuwendung die Großeltern bereits 80 bzw. 85 Jahre alt gewesen seien, habe man damit rechnen können, dass das Wohnrecht nur wenige Jahre in Anspruch genommen würde. Der Schwerpunkt der Zuwendung habe somit nicht auf der Möglichkeit gelegen, ein Wohnrecht zu erhalten, sondern darauf, dass die Enkelin sich das Haus für ihre eigene Nutzung habe kaufen können. An der Bewertung als „Ausstattung“ ändere auch nichts, dass die Erklärung mit „Schenkung“ überschrieben worden sei. Das ergibt sich aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. April2011 (AZ: 6 U 137/09).

 

 

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