Notar muss für ein notarielles
Nachlassverzeichnis eigene Ermittlungen anstellen
(dpa/red). Wer Pflichtteilsansprüche gegen einen Nachlass
geltend machen möchte, muss wissen, welchen Wert der Nachlass hat und kann vom
Erben zu diesem Zweck die Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses
einfordern. Der beauftragte Notar muss hierfür eigene Feststellungen über den
Bestand des Nachlasses treffen. Er darf sich nicht darauf beschränken, die
Angaben des Erben zu beurkunden.
Hat der Pflichtteilsberechtigte kein oder wenig Wissen über
den Nachlass ist er hinsichtlich dessen Umfangs auf die Angaben der Erben
angewiesen. Diese sind zwar zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet; je
weniger sie aber angeben, desto geringer ist der Pflichtteilsanspruch. Der
Berechtigte hat daher die Möglichkeit ein von einem Notar erstelltes
Nachlassverzeichnis zu verlangen:
Ein Notar wurde mit der Erstellung eines notariellen
Nachlassverzeichnisses beauftragt, weil nach dem Tod des Ehemannes dessen
alleinerbende Ehefrau dazu von einem der allesamt enderbten Kinder verklagt
wurde. Hierfür nahm der Notar in seine Urkunde lediglich eidesstattliche
Erklärungen des Erben hinsichtlich des Nachlasses auf und fügte eine zuvor für
das Nachlassgericht erstellte handschriftliche Nachlassaufstellung (ein
zweiseitiges Formblatt, durch welches der Wert des Nachlasses für die
Gerichtsgebühren berechnet wird) bei. Dies reichte dem pflichtteilsberechtigten
Kind nicht aus und es beantragte die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die
Mutter, weil diese kein ordnungsgemäßes notarielles Nachlassverzeichnis
fristgemäß beschafft hätte. Hiergegen wehrte sich die Mutter; der Notar habe
alles in seiner Macht stehende getan, er sei keine Ermittlungsbehörde, die
Auskünfte einfordern könne, und er habe rein faktisch keine Möglichkeit, die
Angaben des Erben zu überprüfen.
Das Oberlandesgericht Koblenz sah dies anders
(Oberlandesgericht Koblenz am 18. März 2014, AZ: 2 W 495/13): Die Aufnahme des
Verzeichnisses durch eine Amtsperson solle dem Berechtigten einen höheren Grad
an Richtigkeit der Auskunft gewährleisten als eine Privatauskunft. Es reiche
daher nicht, dass der Notar lediglich Erklärungen der Erbin entgegennehme, aber
keine eigenen Feststellungen zu dem Bestand des Nachlasses treffe. Welche
konkreten Ermittlungen er zur Auffindung eventueller Nachlassgegenstände
durchführt, stehe dabei in seinem eigenem, aber pflichtgemäßen Ermessen. Aus dem
notariellen Nachlassverzeichnis müsse nicht nur das Ergebnis hervorgehen,
sondern auch, welche Ermittlungen mit welchem Ergebnis er getätigt habe. Als
solche eigenen Ermittlungstätigkeiten eines Notars seien die eigene Ermittlung
von Grundbesitz, die Veranlassung der Einholung von Bewertungsguthaben durch den
Auskunftspflichtigen, die Überprüfung eingeholter Wertgutachten auf
Plausibilität, die Einsichtnahme in die Kontoauszüge oder vergleichbarer
Bankunterlagen für einen 10-Jahres-Zeitraum, die Recherche bei in der Nähe des
Erblassers gelegenen Banken, ob eine Kundenverbindung bestanden habe, oder die
Zusammenstellung von außergewöhnlichen Verfügungen auf den ermittelten Konten,
wenn es sich etwa um Schenkungen handeln könnte, denkbar.
Die Anforderungen an die Erstellung eines notariellen
Nachlassverzeichnisses verlangen dem Notar einigen Arbeitsaufwand ab. Sollte der
Notar dies verweigern, muss der Auskunftsverpflichtete gegen den Notar
dienstrechtliche Maßnahmen einleiten oder einen anderen Notar mit der Erstellung
eines ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnisses beauftragen.
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