Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

Notar muss für ein notarielles Nachlassverzeichnis eigene Ermittlungen anstellen

 

(dpa/red). Wer Pflichtteilsansprüche gegen einen Nachlass geltend machen möchte, muss wissen, welchen Wert der Nachlass hat und kann vom Erben zu diesem Zweck die Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses einfordern. Der beauftragte Notar muss hierfür eigene Feststellungen über den Bestand des Nachlasses treffen. Er darf sich nicht darauf beschränken, die Angaben des Erben zu beurkunden.

Hat der Pflichtteilsberechtigte kein oder wenig Wissen über den Nachlass ist er hinsichtlich dessen Umfangs auf die Angaben der Erben angewiesen. Diese sind zwar zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet; je weniger sie aber angeben, desto geringer ist der Pflichtteilsanspruch. Der Berechtigte hat daher die Möglichkeit ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis zu verlangen:

Ein Notar wurde mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt, weil nach dem Tod des Ehemannes dessen alleinerbende Ehefrau dazu von einem der allesamt enderbten Kinder verklagt wurde. Hierfür nahm der Notar in seine Urkunde lediglich eidesstattliche Erklärungen des Erben hinsichtlich des Nachlasses auf und fügte eine zuvor für das Nachlassgericht erstellte handschriftliche Nachlassaufstellung (ein zweiseitiges Formblatt, durch welches der Wert des Nachlasses für die Gerichtsgebühren berechnet wird) bei. Dies reichte dem pflichtteilsberechtigten Kind nicht aus und es beantragte die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die Mutter, weil diese kein ordnungsgemäßes notarielles Nachlassverzeichnis fristgemäß beschafft hätte. Hiergegen wehrte sich die Mutter; der Notar habe alles in seiner Macht stehende getan, er sei keine Ermittlungsbehörde, die Auskünfte einfordern könne, und er habe rein faktisch keine Möglichkeit, die Angaben des Erben zu überprüfen.

Das Oberlandesgericht Koblenz sah dies anders (Oberlandesgericht Koblenz am 18. März 2014, AZ: 2 W 495/13): Die Aufnahme des Verzeichnisses durch eine Amtsperson solle dem Berechtigten einen höheren Grad an Richtigkeit der Auskunft gewährleisten als eine Privatauskunft. Es reiche daher nicht, dass der Notar lediglich Erklärungen der Erbin entgegennehme, aber keine eigenen Feststellungen zu dem Bestand des Nachlasses treffe. Welche konkreten Ermittlungen er zur Auffindung eventueller Nachlassgegenstände durchführt, stehe dabei in seinem eigenem, aber pflichtgemäßen Ermessen. Aus dem notariellen Nachlassverzeichnis müsse nicht nur das Ergebnis hervorgehen, sondern auch, welche Ermittlungen mit welchem Ergebnis er getätigt habe. Als solche eigenen Ermittlungstätigkeiten eines Notars seien die eigene Ermittlung von Grundbesitz, die Veranlassung der Einholung von Bewertungsguthaben durch den Auskunftspflichtigen, die Überprüfung eingeholter Wertgutachten auf Plausibilität, die Einsichtnahme in die Kontoauszüge oder vergleichbarer Bankunterlagen für einen 10-Jahres-Zeitraum, die Recherche bei in der Nähe des Erblassers gelegenen Banken, ob eine Kundenverbindung bestanden habe, oder die Zusammenstellung von außergewöhnlichen Verfügungen auf den ermittelten Konten, wenn es sich etwa um Schenkungen handeln könnte, denkbar.

Die Anforderungen an die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen dem Notar einigen Arbeitsaufwand ab. Sollte der Notar dies verweigern, muss der Auskunftsverpflichtete gegen den Notar dienstrechtliche Maßnahmen einleiten oder einen anderen Notar mit der Erstellung eines ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnisses beauftragen.

 

 

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