Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

Kann Grundbuchamt bei zweifelhafter Testierfähigkeit Erbschein verlangen?

 

(dpa/red). Hinterlässt der Verstorbene Grundstücke, werden diese im Grundbuch auf die Erben umgeschrieben. Grundsätzlich ist die Umschreibung einfach, wenn dem Grundbuchamt von den Erben ein sie begünstigendes notarielles Testament des Verstorbenen vorgelegt wird. Bestehen aber Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers kann das Grundbuchamt zusätzlich einen Erbschein verlangen. Frage ist nur, wir groß müssen die Zweifel des Grundbuchamtes sein.

Die Umschreibung von Grundstücken nach dem Tod des Eigentümers erfolgt entweder durch Vorlage eines notariellen Testamentes, worin eindeutig dem Erben das Grundstück zugewiesen wird, oder durch einen vom Nachlassgericht ausgestellten Erbschein zugunsten des Erben. Das Nachlassgericht prüft dann zuvor, ob durch ein wirksames handschriftliches Testament oder durch gesetzliche Erbfolge der Erbe einen Anspruch auf das Grundstück hat. Kommen dem Grundbuchamt wirkliche konkrete Zweifel an der Gültigkeit des notariellen Testamentes, weil etwa der Verstorbene zum Zeitpunkt der Errichtung dieses Testamentes testierunfähig sein konnte, so kann es die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München wird hingewiesen; vgl. Oberlandesgericht München am 31. Oktober 2014 (Az: 34 Wx 293/14).

Dem Grundbuchamt kamen unter anderem deswegen Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers, weil in seinem vor einem Notar errichteten Testament angegeben war, dass der Verstorbene einen Monat vorher ein psychiatrisches Gutachten über seine bestehende Testierfähigkeit hat anfertigen lassen. Der Notar hatte aufgrund des Gutachtens und seinem eigenen Eindruck im Testament zwar die Testierfähigkeit vermerkt. Das Grundbuchamt meinte aber, dass das Gutachten nicht automatisch die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes belege und der Verstorbene damals wegen festgestellter psychopathologischer Symptome zeitweilig 3 Jahre unter Betreuung stand. Es verlangte daher von der Erbin einen Erbschein, durch welchen die Gültigkeit des Testamentes gerichtlich festgestellt sei. Dagegen wehrte sich die Erbin erfolgreich:

Das OLG München gab der Erbin Recht, weil dem Grundbuchamt keine ausreichenden Zweifel bezüglich der Testierfähigkeit kommen durften. Die konkrete Testierfähigkeit mag zwar zweifelhaft sein, es ist aber nach menschlichem Ermessen nicht zu erwarten, dass eine zusätzliche Beweiserhebung in einem Erbscheinsverfahren ein eindeutiges Ergebnis bringt. Liegt dem Grundbuchamt eine formgültige öffentliche Urkunde wie das notarielle Testament vor, reicht dies grundsätzlich für den Nachweis der Erbfolge aus. Wenn etwa daneben fachärztliche Gutachten oder Urteile dem Grundbuchamt vorliegen, welche die Testierunfähigkeit des Verstorbenen belegen, oder zu erwarten ist, das ein Erbscheinsverfahren durch zum Beispiel Zeugenbefragung dies belegen könnte, darf es einen Erbschein für die Umschreibung des Grundbuchs verlangen. Anhand der mehreren vorliegenden Gutachten durfte das Grundbuchamt aber nicht davon ausgehen, dass ein Erbscheinsverfahren zu dem Ergebnis einer Testierunfähigkeit des Verstorbenen kommen würde.

 

 

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