Zur familiengerichtlichen
Genehmigung einer Erbausschlagung eines minderjährigen Erben
(dpa/red). Legt der
Altersunterschied zwischen Erblasser und dem zu dessen gesetzlichen Erben
berufenen minderjährigen Kind nahe, dass das Kind seine Erbenstellung infolge
der Ausschlagung vorrangig berufener Erben erlangt haben könnte, so darf das
Familiengericht die Genehmigung für die vom gesetzlichen Vertreter für das Kind
wegen mutmaßlicher Überschuldung des Nachlasses abgegebene
Ausschlagungserklärung nicht ohne Heranziehung der Nachlassakten und ohne
weitere Ermittlungen zu den Gründen erfolgter Erbenausschlagung versagen. Das
ergibt sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken
(AZ: 2 WF 81/16).
Die allein sorgeberechtigte Kindesmutter schlägt
als gesetzliche Vertreterin die Erbschaft für das Kind aus, nachdem dieses Erbe
nach der Urgroßmutter ist. Zudem beantragt sie hierfür die familiengerichtliche
Genehmigung der Ausschlagung. Das Familiengericht versagt nach Einholung
schriftlicher Auskünfte vom zuständigen Nachlass-, Vollstreckungs- und
Insolvenzgericht sowie vom Sozial- und Grundbuchamt die beantragte Genehmigung.
Nach dessen Ansicht ist eine Überschuldung des Nachlasses nicht festzustellen:
Die Erblasserin hat weder Sozialleistungen erhalten noch ist sie im
Schuldnerverzeichnis eingetragen. Sie hinterlässt vielmehr eine Mitbeteiligung
an lastenfreiem Grundbesitz. Die Mutter argumentiert dagegen, dass der Nachlass
derzeit nicht betragsmäßig zu beziffern ist. Es ist lediglich ein Anwesen
vorhanden, welches jedoch baufällig ist und grundsaniert werden muss, so dass
dem Nachlass kein objektiver Wert zugemessen werden kann. Die Erbschaft ist
deshalb nicht wirtschaftlich vorteilhaft.
Das OLG Zweibrücken folgt der Ansicht der Mutter:
Das Familiengericht ist verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt
von Amts wegen aufzuklären und hierbei sämtliche Umstände zu ermitteln, die ihm
eine Prüfung und Gesamtwürdigung der entscheidungserheblichen Umstände
ermöglichen. Werden Ermittlungen nicht durchgeführt, zu denen im konkreten
Einzelfall Anlass bestanden hätte, ist die richterliche Aufklärungspflicht
verletzt. Eine Erbausschlagung des allein sorgeberechtigten Elternteils für sein
minderjähriges Kind ist zu genehmigen, wenn sie unter Berücksichtigung der
tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen
der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die
Genehmigungsfähigkeit der Ausschlagung hängt in erster Linie, wenn auch nicht
allein von den wirtschaftlichen Interessen des Kindes ab, also vom Bestand des
Nachlasses. Sofern ein Nachlass nicht überschuldet ist, wird regelmäßig kein
hinreichender Grund für die Erteilung der Genehmigung der Ausschlagung bestehen.
Das OLG führt aus, dass angesichts des großen
Altersunterschieds zwischen der Erblasserin und dem zum gesetzlichen Erben
berufenen Antragsteller sich für das Familiengericht aufdrängen musste, dass der
Antragsteller diese Erbenstellung nicht unmittelbar von der Erblasserin erlangt
haben kann, sondern dass dies deshalb erfolgt sein könnte, weil vorrangig
berufene Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben. Tatsächlich hat nicht nur sein
Großvater als Sohn der Erblasserin, sondern auch sein Vater und eine Vielzahl
von weiteren Verwandten die Erbschaft ausgeschlagen. Selbst der minderjährige
Halbbruder des Antragstellers hat die Erbschaft ausgeschlagen; die auch insoweit
erforderliche familiengerichtliche Genehmigung ist erfolgt. Das Familiengericht
wird deshalb bei diesen Personen, insbesondere beim Kindesvater und dessen Vater
nach den Gründen der erfolgten Erbausschlagung nachfragen müssen. Gegebenenfalls
wird es des Weiteren dem Einwand des Antragstellers nachzugehen haben, das
Anwesen sei baufällig und grundsanierungsbedürftig. Angesichts der
gerichtsbekannt niedrigen Verkehrswerte von Immobilien in ländlichen
strukturschwachen Gebieten könnte sich daraus ergeben, dass die Immobilie trotz
Lastenfreiheit nicht werthaltig ist, sodass die Erbausschlagung trotz des
vorhandenen Grundbesitzes dem Kindeswohl dient und deshalb familiengerichtlich
zu genehmigen ist.
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