BGH bestätigt Kündigungsrecht
für Bausparkassen
In zwei aktuellen Fällen hatte sich der BGH (Urteile
vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16)
mit der Frage zu befassen, ob und - wenn ja - unter welchen
Umständen Bausparkassen Altverträge mit hohen Guthabenzinsen kündigen dürfen.
Beim Abschluss eines Bausparvertrags werden zwischen
Bausparkasse und Bausparer sowohl die Guthabenzinsen als auch die späteren
Kreditzinsen bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens fest vereinbart. Dieses
Modell hat dazu geführt, dass Bausparkassen für hochverzinste Altverträge
Guthabenzinsen gewähren müssen, deren Höhe zuweilen die derzeitigen Kreditzinsen
weit übersteigt. Vor diesem Hintergrund kündigten Bausparkassen langjährig
laufende Verträge, bei denen die Bausparer trotz Erreichen der Zuteilungsreife
das hoch verzinste Guthaben nicht abgerufen haben. Gegen diese Praxis klagten
Betroffene, so dass es zu diesem Sachverhalt nur höchstrichterliche Klarheit zu
schaffen galt.
Konkret ging es in zwei Fällen um einen im Jahr 1978
abgeschlossenen Bausparvertrag sowie um zwei weitere Bausparverträge, die 1999
abgeschlossen wurden. Nachdem die Verträge mehr als zehn Jahre zuteilungsreif
und die Guthaben noch immer nicht abgerufen waren, kündigten die Bausparkassen
die Verträge und beriefen sich dabei §489 Abs. 1 BGB. Dort ist geregelt, dass
ein Kreditnehmer seinen Darlehensvertrag unabhängig von der Dauer der
vereinbarten Zinsbindungsfrist nach Ablauf von zehn Jahren nach dem
vollständigen Empfang des Darlehensbetrags und unter Einhaltung einer
sechsmonatigen Frist kündigen darf.
Mit dieser Argumentation stellten sich die Bausparkassen
während der Anspardauer als Kreditnehmer des Bausparers dar. Sobald der Vertrag
zuteilungsreif sei, habe die Bausparkasse vom Bausparer das Darlehen vollständig
empfangen, weil jener ab diesem Zeitpunkt durch den Abruf des Guthabens und die
Inanspruchnahme des Kredites den Rollenwechsel selbst herbeiführen könne.
In der Vorinstanz hatte sich das OLG Stuttgart dieser
Auffassung nicht anschließen wollen und hatte den Klagen mit Ausnahme eines
Teils der Nebenforderungen stattgegeben.
Der BGH hob hingegen die OLG-Urteile auf und bestätigte, dass
während der Ansparphase der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse
Darlehensnehmerin sei (Urteile vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16 und XI ZR
272/16). Mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife habe die Bausparkasse
das Darlehen vollständig empfangen, führten die Richter weiter aus. Der
Vertragszweck bestehe für den Bausparer darin, durch die Erbringung von
Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu
erlangen. Aufgrund dessen habe er das damit korrespondierende Zweckdarlehen mit
Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife vollständig gewährt.
Darüber hinaus teilte der BGH auch zum Eintritt des
Kündigungsrechts nach Ablauf von zehn Jahren nach vollständigem Darlehensempfang
die Auffassung der Bausparkassen. Sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch
aus dem Regelungszweck der Rechtsnorm lasse sich ableiten, dass die in § 489
Abs. 1 BGB aufgeführten Regelungen für alle Arten von Darlehensnehmern - und
damit auch für Bausparkassen in der Rolle des Darlehensnehmers – gelten.
Damit gilt für Bausparer: Hat der Vertrag die Zuteilungsreife
erreicht, beginnt die Zehn-Jahres-Frist zu laufen, nach deren Ende die
Bausparkasse kündigen kann. Bereits ausgesprochene Kündigungen werden damit
wirksam, sofern diese Voraussetzung erfüllt ist.
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