Ärzte müssen über alternative
Behandlungsmethoden aufklären
Naumburg/Berlin. Ein Arzt ist grundsätzlich verpflichtet,
seine Patienten über Art und Risiko der von ihm gewählten Behandlungsmethode zu
informieren. Gibt es eine gleichwertige, mit anderen Risiken verbundene
Alternative, muss er diese dem Patienten ebenso mitteilen. In einem solchen Fall
kann der Patient entscheiden, welche Behandlungsweise er wünscht. Das ergibt
sich aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. Dezember 2007 (AZ:
1 U 95/06).
Eine 39-jährige Frau wurde 1994 nach einem vorzeitigen
Blasensprung in der 31. Schwangerschaftswoche durch Kaiserschnitt entbunden. Das
Kind erlitt in den Tagen nach der Geburt Hirnblutungen. In der Folge leidet der
Junge heute unter einer schweren geistigen Behinderung und Lähmung der Arme und
Beine. Die Eltern des Kindes klagten im Namen des Kindes wegen grober
Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnissen auf Schadensersatz.
Einen Behandlungsfehler sahen die Richter nicht, wohl aber
eine Verletzung der Aufklärungspflicht, wodurch der Eingriff rechtswidrig wurde.
Die behandelnden Ärzte wären verpflichtet gewesen, die Patientin über
alternative Behandlungsmethoden aufzuklären. Eine solche Verpflichtung besteht
immer dann, wenn der Patient eine gleichwertige Behandlungsalternative hat. Das
heißt, die andere Behandlungsmöglichkeit darf nicht etwa sehr viel riskanter
sein oder eine sehr viel geringere Heilungsquote aufweisen. Im vorliegenden Fall
hätte die Patientin über die Möglichkeit des Abwartens mit Förderung der
Lungenreife des Ungeborenen und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt werden
müssen. Die Richter waren zu der Ansicht gelangt, dass dieses Abwarten
medizinisch genauso sinnvoll und angezeigt gewesen wäre wie die bewusst
eingeleitete Frühgeburt. Sie sprachen dem Kind 200.000 Euro Schmerzensgeld zu.
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