Kasse muss auch außergewöhnliche Medikamente zahlen
München/Berlin. Gesetzliche Krankenkassen müssen unter
bestimmten Umständen auch die Kosten für Medikamente zahlen, die für die
konkrete Therapie nicht zugelassen sind. Dies ist dann der Fall, wenn
herkömmliche Maßnahmen keine Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung bieten
und die Therapie mit diesem Medikament als erfolgreich einzuschätzen ist. Das
ergibt sich aus einer Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8.
April 2013 (AZ: L 5 KR 102/13 B ER).
Ein 46-jähriger Patient war an einem bösartigen Hirntumor
erkrankt. Operative, radiologische und chemotherapeutische Maßnahmen konnten den
Krebs nicht stoppen. Das Leben des Patienten war akut bedroht. Die behandelnden
Ärzte der Universitätsklinik sahen nur noch die Chance, mittels des Medikaments
Avastin den tödlichen Verlauf zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen. Das
Mittel ist aber für diese Krebsbehandlung nicht zugelassen. Deshalb lehnte die
Kasse es ab, die Therapie zu übernehmen. Sie stützte sich dabei auf die
Einschätzung des Medizinischen Dienstes.
Das Gericht hat die Kasse im Eilverfahren zur Übernahme der
Kosten verpflichtet. Nach Auffassung der Richter verbiete es die besondere
Dringlichkeit, den Patienten auf ein langwieriges Verfahren mit Beweiserhebung
und Sachverständigengutachten zu verweisen. Vielmehr seien die Rechte des
Patienten und der Krankenkasse gegeneinander abzuwägen. Dabei seien der im
Grundgesetz verankerte Schutz von Leben und Gesundheit mit den Interessen aller
Beitragszahler abzuwägen, keine Kosten für aussichtslose Behandlungen zu tragen.
Im Fall des Patienten seien die zugelassenen Methoden der medizinischen
Wissenschaft als erfolglos ausgeschöpft anzusehen. Und nach ärztlicher
Einschätzung sei die Avastin-Therapie auf Grund gesicherter Daten als
erfolgreich einzuschätzen. Unter diesen Voraussetzungen überwiege das Rechtsgut
des Patienten auf Leben. Das mehr oder weniger rein finanzielle Risiko einer
nicht vollständig sicheren Therapie habe dahinter zurückzutreten.
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