Keine Kündigung nach Weitergabe von
Werbepräsenten an Mitarbeiter
Bonn/Berlin. Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen
Unterschlagung ist nur dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer die
Widerrechtlichkeit seines Verhaltens bewusst sein konnte. Werden in einem
Betrieb generell Produkte und Werbepräsente für die Mitarbeiter bereitgestellt,
darf ein Marketingleiter nicht deshalb gekündigt werden, weil er Kalender und
Blechschilder mit Haribo-Teddybären an seine Mitarbeiter weitergab. Das ergibt
sich aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn vom 15. April 2010 (AZ: 1
Ca 18/10).
Ein Marketingleiter hatte 20 kostenfreie Belegexemplare eines
Kalenders mit einem Blechschild „Haribo-Teddybär auf der Rutsche“ erhalten. Bis
auf ein Exemplar verteilte er die Kalender an Mitarbeiter. Der Arbeitgeber
kündigte ihm wegen der eigenmächtigen Weitergabe von Eigentum des Betriebes.
Nach Ansicht des Arbeitgebers sei es nämlich bekannt, dass der geschäftsführende
Gesellschafter die Mitnahme von Betriebseigentum ausdrücklich genehmigen müsse.
Zwar dürfe jeder Mitarbeiter auf dem Betriebsgelände des Unternehmens so viele
Haribo-Produkte essen, wie er möchte. Deshalb gebe es auch ein Sideboard, auf
dem nicht mehr benötigte Produkte sowie Muster und Werbepräsente den
Mitarbeitern bereitgestellt würden. Die eigenmächtige Weitergabe sei jedoch
nicht genehmigt.
Die Klage des betroffenen Mitarbeiters hatte Erfolg. Jedes
Eigentumsdelikt zu Lasten des Arbeitgebers, ob Diebstahl oder Unterschlagung,
könne zwar eine Kündigung rechtfertigen, so die Richter. Dem Arbeitnehmer müsse
allerdings die Widerrechtlichkeit seines Verhaltens bewusst sein. Eine
vorsätzliche Eigentumsschädigung durch den Mitarbeiter sei in diesem Fall jedoch
nicht erkennbar. Durch die Bereitstellung nicht mehr benötigter Produkte und
Muster sowie von Werbepräsenten für die Mitarbeiter des Betriebes habe der
Marketingleiter den Eindruck haben können, er habe auch die Kompetenz, einen
Teil seiner Belegexemplare an die Mitarbeiter weiterzugeben. In jedem Fall hätte
der Arbeitgeber vor einer Kündigung den Mitarbeiter abmahnen müssen. Es sei
nicht auszuschließen, dass durch eine solche Abmahnung das Vertrauen zwischen
beiden Parteien wiederhergestellt worden wäre.
◄
zurück
|