„Sollte mir bei der Operation etwas
zustoßen“ - Testament wirkt auch danach
Immer wieder lässt sich beobachten, dass Menschen sehr spät
daran denken, ein Testament aufzusetzen. Oftmals geschieht dies erst in hohem
Alter oder etwa vor einer Operation. Nicht selten setzen Patienten direkt im
Krankenhaus diese Testamente auf, mit dem Hinweis versehen „sollte mir etwas bei
der Operation geschehen, erbt...“ . Verläuft die Operation gut, stellt sich
später die Frage, ob dieses Testament auch noch nach der Operation gültig ist.
Ist die Operation also eine Bedingung für das Testament oder ist sie lediglich
Motiv oder Anlass für die Errichtung eines Testaments. Das Oberlandesgericht
München hatte einen solchen Fall zu entscheiden und verfügte, dass eine
bevorstehende Operation lediglich der Anlass für das Aufsetzen eines solchen
Testaments ist und es auch noch danach gültig bleibt (Beschluss des
Oberlandesgerichts München vom 15. Mai 2012, AZ: 31 Wx 244/11).
Der Erblasser war nicht verheiratet und hatte keine Kinder,
allerdings sechs Cousins und Cousinen. Er lebte rund 40 Jahre mit seiner
Lebensgefährtin zusammen. Vor einer Gallensteinoperation im Jahre 1983 verfasste
er im Krankenhaus ein Testament, nach dem - „sollte mir etwas zustoßen“ - seine
Lebensgefährtin die aufgelisteten Vermögensgegenstände erben sollte. Der Mann
verstarb allerdings erst 27 Jahre später. Die Lebensgefährtin beantragte die
Ausstellung eines Erbscheins als Alleinerbin. Es ging um zwei Sparbücher und ein
Baugrundstück. Die Cousinen und Cousins meinten jedoch, das Testament sei nur
für den Fall verfasst, dass der Erblasser im Rahmen der Gallenoperation
verstorben wäre. Das Nachlassgericht folgte der Argumentation der Cousinen und
Cousins und erteilte der Lebensgefährtin keinen Erbschein.
Die Beschwerde der Frau beim Oberlandesgericht war
erfolgreich. Mit dem Testament von 1983 habe ihr Lebensgefährte die Erbfolge
nicht allein auf die Umstände der Operation beschränkt, sondern generell seine
Lebenspartnerin als Alleinerbin eingesetzt. Dafür spreche, dass er das Testament
von 1983 nicht widerrufen oder ein neues verfasst habe. Bei der Formulierung
solcher Testamente sei eine Operation lediglich der Anlass für die Errichtung,
nicht jedoch die Bedingung. Auch das Aufsetzen des Testaments erst im
Krankenhaus lasse keinen anderen Schluss zu, sondern weise lediglich darauf hin,
dass die Operation der Beweggrund für die Errichtung des Testaments sei.
Fazit: Nicht immer ist einem der Nächste auch der Liebste.
Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, sollte man sein Testament
rechtzeitig aufsetzen und sich gegebenenfalls von einem Rechtsanwalt helfen
lassen. Immerhin hatte im vorliegenden Fall das Amtsgericht München in der
ersten Instanz noch anders entschieden.
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