BGH-Urteil: Banken dürfen nicht auf
die Vorlage eines Erbscheins bestehen
Wenn Erben über Konten von verstorbenen Angehörigen verfügen
wollen, dürfen Banken nach einem aktuellen BGH-Urteil nicht mehr von vornherein
auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen.
Bisher verlangten Banken von den Erben häufig einen Erbschein
und verwiesen auf entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB). Allerdings ist für die Betroffenen die Ausstellung eines Erbscheins nicht
nur mit Zeitaufwand, sondern auch mit Kosten verbunden: Je nach Höhe des
Vermögens können Gebühren von mehreren hundert Euro, in Einzelfällen sogar mehr
als 1.000 Euro anfallen.
Aufgrund dieser Kostenbelastung führte ein
Verbraucherschutzverband vor dem BGH einen Musterprozess gegen eine Sparkasse
und erstritt ein Urteil zu Gunsten der Bankkunden. In den ABG dürfe sich eine
Bank nicht pauschal das Recht vorbehalten, von den Erben die Vorlage eines
Erbscheins zu verlangen, urteilten die BGH-Richter (Urteil vom 8. Oktober 2013,
Aktenzeichen XI ZR 401/12).
Zwar habe eine Bank das Recht, sich die Zugriffsberechtigung
des Erben zweifelsfrei nachweisen zu lassen und ihr Schadensrisiko durch
unberechtigte Kontenzugriffe zu minimieren. Wenn jedoch die Hinterbliebenen
eines verstorbenen Kunden statt mit einem Erbschein ihren Erbanspruch auf andere
Weise dokumentierten, müsse die Bank dies akzeptieren. Damit können Erben nun
beispielsweise durch die Vorlage eines beglaubigten Testamentes oder eines
notariellen Erbvertrags ihre Legitimierungspflicht erfüllen und unnötige Kosten
vermeiden.
Allerdings bleibt bei komplexen oder strittigen Erbsituationen
den Geldinstituten das Recht erhalten, sich durch die Vorlage eines Erbscheins
abzusichern. Als Maßgabe stellt der BGH die Abwägung der Bank- und
Kundeninteressen in den Mittelpunkt: Wenn im individuellen Fall das Interesse
der Bank, sich bei unklaren Konstellationen gegen missbräuchliche
Kontoverfügungen durch Scheinerben abzusichern, schwerer wiegt als der Wunsch
der Erben nach einer kostengünstigen und unkomplizierten Abwicklung, kann auch
weiterhin ein Erbschein verlangt werden. Besteht die Bank trotz klarer
Erbverhältnisse auf der Vorlage eines Erbscheins, sollten betroffene Erben den
Rat eines Rechtsanwalts einholen.
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