Erbverzicht will gut überlegt sein
Coburg/Berlin. Nicht selten erklären Kinder gegenüber ihren
Eltern einen notariellen Erbverzicht und erhalten im Gegenzug eine Abfindung.
Ein solcher Verzicht will aber gut überlegt sein. Einmal abgegeben, bleibt man
an ihn gebunden, selbst wenn die Eltern bis zum Tod noch erhebliches Vermögen
anhäufen. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Coburg vom 3. September
2008 (AZ: 21 O 295/08) hervor.
Im Jahre 1972 übertrug die 53 Jahre alte Mutter ein
Hausgrundstück an ihre jetzt klagende Tochter und ein anderes Grundstück an den
Bruder. Sonstiges Vermögen hatte sie zum damaligen Zeitpunkt nicht. Die Klägerin
erklärte einen notariellen Erbverzicht. Bis zu ihrem Ableben im Jahre 2008 war
die Mutter aber erneut zu einem Haus (Wert: 150.000 Euro) und Ackergrundstücken
(Wert rund 20.000 Euro) gekommen. Dies erbte allein der Bruder. Die Klägerin
meinte nun, der Erbverzicht hat sich nicht auf das nachträglich erworbene
Vermögen bezogen. Sie kann daher den Pflichtteil in Höhe eines Viertels des
Wertes der „neuen“ Vermögensgegenstände verlangen. Sie klagte gegen ihren Bruder
auf Zahlung des Pflichtteils von rund 42.500 Euro.
Damit hatte sie jedoch keinen Erfolg. Die Richter sahen den
Erbverzicht als uneingeschränkt wirksam an. Der inhaltlich eindeutige
Erbverzicht bewirkt, dass die Klägerin von der gesetzlichen Erbfolge
ausgeschlossen ist und daher kein Pflichtteilsrecht mehr hat. Auch einen
Anspruch auf Nachabfindung sah das Gericht nicht. Dass die Mutter bis zu ihrem
Tode weiteres Vermögen erwarb, ist angesichts ihres Alters beim Erbverzicht
weder ungewöhnlich noch unvorhersehbar gewesen. Das Risiko, wie sich das
Vermögen des Erblassers bis zum Erbfall entwickelt, hat beim Erbverzicht gegen
Abfindung zudem typischerweise der Verzichtende zu tragen.
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