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Das Testament auf dem Butterbrotpapier

 

(dpa/red). Ein Testament setzt für dessen Wirksamkeit einen ernstlichen Testierwillen voraus. Zweifel können sich daher an der Wirksamkeit ergeben, wenn das fragliche Testament nicht auf einer üblichen Schreibunterlage angefertigt wurde. Hingewiesen wird auf eine Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Hamm vom 27. November 2015 (AZ: 10 W 153/15).

Die verwitwete Erblasserin hatte eine Tochter und einen Sohn J, der vor seiner Mutter verstorben war und 4 Kinder hinterließ. Als die Erblasserin gestorben war, beantragte die Tochter einen Erbschein für sich und die 4 Kinder des Bruders nach den gesetzlichen Erbquoten. Die Kinder legten jedoch dem Nachlassgericht 2 Schriftstücke vor, nach denen der verstorbene Bruder Alleinerbe geworden sein soll. Bei einem dieser Schriftstücke handelt es sich um einen ca. 8 x 10 cm großen mit der Hand ausgeschnittenen Zettel auf welchem handschriftlich „Tesemt“, „Haus“ und „Das für J“ steht. Darunter stehen die Jahreszahl 1986 und der Schriftzug der Erblasserin. Bei dem zweiten Schriftstück handelt es sich um gefaltetes Butterbrotpapier mit ähnlichen Worten und einem darauf mit Klebefilm befestigten Schlüssel. Die Kinder waren aufgrund dieser Schriftstücke der Ansicht, dass die Tochter enterbt sei und alleine sie Erben geworden sind.

Das OLG Hamm entscheidet jedoch, dass nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass es sich bei diesen Schriftstücken nach dem Willen der Erblasserin um letztwillige Verfügungen handeln soll. Ein Testament ist nur dann wirksam, wenn der Erblasser bei seiner Errichtung einen ernstlichen Testierwillen hat. Bei Zweifeln hieran ist zu prüfen, ob es sich nicht lediglich um einen Testamentsentwurf handelt. Können diese Zweifel nicht ausgeräumt werden, liegt kein gültiges Testament vor.

Allein durch die unübliche Schreibunterlage in Form des kleinen ausgeschnittenen Papiers und dem gefalteten Bogen Pergamentpapier sind solche Zweifel schon gegeben. Auch die Überschrift „Tesemt“ mit den gravierenden Rechtschreibfehlern und der weitere, nicht vollständige und grammatikalisch falsche Satz lassen weitere Zweifel zu. Gegen die ernstliche Absicht der Erblasserin, mit den Schriftstücken eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, spricht auch der Umstand, dass sie dann im gleichen Jahr zwei nahezu identische Testamente errichtet hätte, wofür kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist. Das Vorliegen zweier inhaltsgleicher Schriftstücke auf ungewöhnlichen Schreibunterlagen spricht vielmehr dafür, dass es sich hierbei lediglich um schriftlich dokumentierte Vorüberlegungen oder Entwürfe handelt. Da diese Zweifel erheblich waren und auch nicht durch Umstände außerhalb der Schriftstücke beseitigt werden konnten, hat das OLG Hamm diese nicht als wirksame Testamente angesehen.

 

     
     
     
   
     
     

 

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