BGH entscheidet über
Pflichtteilsrecht bei Lebensversicherung
Karlsruhe/Berlin.
Pflichtteilsberechtigte können nach einer jüngsten Entscheidung des
Bundesgerichtshofes (BGH) im Erbfall auf höhere Pflichtteilsergänzungsansprüche
hoffen – sofern der Erblasser den Erben oder Dritten vor seinem Tod ein
widerrufliches Bezugsrecht an einer Lebensversicherung eingeräumt hatte. Damit
gibt der BGH die bisherige Rechtsprechung auf, die auf einem Urteil des
Reichsgerichtes aus den 30er Jahren fußte.
Auf die Entscheidungen, die der BGH
am 28. April 2010 (AZ: IV ZR 73/08 und IV ZR 230/08) getroffen hat, hat die
Fachwelt seit langem gewartet. Damit hat die oberste richterliche Instanz zur
Frage Stellung bezogen, mit welchem Wert ein schenkungshalber eingeräumtes
widerrufliches Bezugsrecht an einer Lebensversicherung bei der Berechnung von
Pflichtteilergänzungsansprüchen anzusetzen ist.
Die aktuelle BGH-Entscheidung sieht
demnach vor, den Wert der Lebensversicherung anzusetzen, den diese in der
letzten – juristischen – Sekunde des Lebens des Erblassers nach objektiven
Kriterien für sein Vermögen gehabt hätte. Dies entspricht in der Regel dem
Rückkaufswert der Versicherung. In Einzelfällen könnte jedoch auch ein objektiv
belegter höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein. „Mit dem Urteil hat der
Bundesgerichtshof wieder für Rechts- und Beratungssicherheit in diesem wichtigen
Bereich gesorgt“, bekräftigt Konrad.
Neben mehr Rechtssicherheit Erhöhung
der Pflichtteilergänzungsansprüche
Der Bundesgerichtshof ist einer
Tendenz in Literatur und Rechtsprechung, die sich auf eine Entscheidung des 9.
Zivilsenats des BGH stützte, entgegen getreten. „Nach vorangegangenen
unterschiedlichen Entscheidungen der Berufungsgerichte war die Rechtslage für
Pflichtteilsberechtigte und Erben unklar geworden“, führt Konrad aus. So habe
beispielsweise das Oberlandesgericht Düsseldorf den
Pflichtteilsergänzungsanspruch auf Grundlage der vollen Versicherungssumme
berechnet, das Kammergericht hingegen entschied infolge der rechtsgerichtlichen
Entscheidung auf Basis der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien. Das
aktuelle BGH-Urteil schaffe, so Konrad, nicht nur Rechtssicherheit, sondern hat
auch für die Pflichtteilsberechtigten erhebliche Auswirkungen.
In den Fällen, in denen
Lebensversicherungen bei der Pflichtteilergänzung eine Rolle spielen, wird der
Anspruch in der Regel höher sein als früher.
Allerdings müssen dies künftige Erben
auch bei der Liquiditätsvorsorge für Pflichtteilsauszahlungen bedenken.
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