Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

Kein gemeinsames Sorgerecht ohne gemeinsame Basis der Eltern

 

(red/dpa). Was wird aus den Kindern? Eine häufige Frage bei Trennung oder Scheidung. Das gemeinsame Sorgerecht ist in vielen Fällen die beste Lösung für Kinder und Eltern. Es setzt allerdings ein gewisses Maß an Übereinstimmung zwischen Vater und Mutter voraus. Extrem unterschiedliche Lebenswelten der Ex-Partner können da zu einem ernsthaften Hindernis werden. Auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 02. April 2015 (AZ: 18 UF 253/14) wird hingewiesen.

Die Eltern des 2009 geborenen Mädchens hatten sich über das Internet kennengelernt. Nachdem der wohnsitzlose Mann einige Monate bei der Frau und ihrer Mutter gewohnt hatte, trennte sich das Paar etwa ein Vierteljahr vor der Geburt der Tochter. Der Vater hatte kaum Kontakt zu ihr. Rund drei Jahre nach der Geburt beantragte er das gemeinsame Sorgerecht. Dann tauchte er jedoch nach einem ersten Anhörungstermin ab und meldete sich erst wieder, als das Familiengericht rund zwei Jahre später einen Termin im Oktober 2014 anberaumte. Die Mutter verwies darauf, dass der Vater sich jahrelang nicht um sein Kind gekümmert habe. Außerdem habe er sie mit zahlreichen Drohbriefen attackiert.

Das Amtsgericht entschied dennoch für das gemeinsame Sorgerecht. Dagegen legte die Frau Beschwerde ein. Der Vater wehrte sich. Die Frau habe sich während und nach der Schwangerschaft als „Mama-Töchterchen“ entpuppt. Weil er nicht aufgegeben habe, sei er irgendwann aus der Wohnung geschmissen worden.

Er bestritt nicht, dass er seiner Tochter das Schießen beibringen wolle, allerdings erst im „eignungsfähigen“ Alter und nur wenn sie dies wünsche. Er wolle, dass sie sich wehren könne. Sein Leben basiere auf Survival. Wenn er kein Geld habe, werde es erst richtig interessant. Die Mutter seiner Tochter hätte vom Leben in der Welt keine Ahnung.

Er habe sich im Oktober 2014 entschlossen, eine ihm angebotene, schlecht bezahlte Stelle als Lkw-Fahrer nicht anzunehmen. Er wolle nicht ständig und fortlaufend arbeiten gehen, sondern die letzten Jahre seines Daseins mehr genießen. Auch als Aussteiger könne er Umgang haben und die elterliche Sorge ausüben, dies sei heute mühelos per Handy oder Satellitentelefon möglich.

Die Richter sahen keine Basis für ein gemeinsames Sorgerecht, da in diesem Fall das Kindeswohl gefährdet wäre. Die Eltern hätten extrem unterschiedliche Lebenswelten, auch daher fehle es aktuell an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen ihnen. Das sei jedoch die Voraussetzung, um sich am Kindeswohl orientiert über wichtige, gemeinsam zu entscheidende Fragen zu verständigen - und dies auch bei Meinungsverschiedenheiten.

Der Vater habe nicht versucht, eine Beziehung zu seiner Tochter aufzubauen oder sich mit der Mutter über die Interessen und Bedürfnisse des Kindes zu verständigen. Er kenne also kaum die Persönlichkeit seiner Tochter, ihre bisherige Entwicklung und ihre Eigenheiten. Es sei kaum vorstellbar, wie er ohne diese Kenntnis mit der Mutter Entscheidungen - etwa über die Einschulung seiner Tochter - so treffen könnte, dass sie am Kindeswohl orientiert seien.

 

 

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