(DAV). Ehen, die nach
muslimischem Recht geschlossen werden, werden nach deutschem Recht
geschieden, sofern das Ehepaar in Deutschland gelebt hat und noch lebt.
Was ist dann aber mit den im muslimischen Ehevertrag festgelegten
Ansprüchen?
Auch wenn eine „Abendgabe“ nach muslimischem Recht nur
dann geschuldet wird, wenn der Ehemann die Scheidung will, kann diese
der Frau zustehen. Ist ein deutsches Gericht zuständig und daher das
deutsche Recht anzuwenden, steht der Frau die „Abendgabe“ auch dann zu,
wenn sie die Scheidung beantragt. Dies ergibt sich aus einer
Entscheidung des
Oberlandesgerichts Hamm vom 22. April 2016 (AZ: 3 UF 262/15).
Der heute 30 Jahre alte Mann ist Deutscher
libanesischer Abstammung. Seine Eltern arrangierten 2005 eine Ehe mit
der heute 27-jährigen Frau. Sie lebten zunächst im Libanon, wo sie auch
heirateten. Beide gehören der sunnitischen Religion an. Nach dem Recht
dieser Religion hatten sie auch einen schriftlichen Ehevertrag
geschlossen. Demnach muss der Mann der Frau ein Brautgeld zahlen. Diese
sollte aus einer Morgengabe in Form einer Abschrift des Korans und einer
englischen Goldlira sowie einer Abendgabe von 15.000 US-Dollar bestehen.
Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. 2013 trennten
sie sich. Die Frau beantragte 2014 die Scheidung sowie die Zahlung der
umgerechnet 13.260 Euro.
Die Frau hatte Erfolg - die Ehe wurde geschieden.
Außerdem wurde der Mann verurteilt, die Abendgabe an die Frau zu zahlen.
Ein deutsches Gericht war zuständig und das deutsche Recht anzuwenden,
da beide Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei Einleitung des
Scheidungsverfahrens in Deutschland hatten.
Auch wenn für den Abschluss des Ehevertrages das
islamisch-sunnitische Recht galt und danach der Anspruch auf die
Abendgabe nur dann besteht, wenn der Mann sich scheiden lässt, hatte die
Frau Anspruch auf Zahlung. Die Abendgabe sei mit den nachehelichen
Unterhaltspflichten vergleichbar. Für dieses Recht sei das Recht des
Staates maßgebend, in dem die Frau während der Ehe, nach der Trennung
und bei der Einleitung des Verfahrens lebe. Dies sei Deutschland, daher
schulde der Mann der Frau die Abgabe, auch wenn sie die Scheidung
beantragt habe.
Im deutschen Recht ist anders als nach islamischem
Recht nachehelicher Unterhalt grundsätzlich unabhängig vom
Trennungsgrund und auch verschuldensunabhängig zu leisten.