Geschäftsraum oder Wohnung - der Prokurist einer GmbH wohnt
„geschäftlich“
Die Frage, ob ein gewerbliches Mietverhältnis oder ein
Wohnraummietvertrag vorliegt, ist für alle Beteiligten sehr wichtig. Hieraus
können Schutzvorschriften zugunsten des Mieters resultieren,
Kündigungsmöglichkeiten sind unterschiedlich, ebenso die Frage, welche
Betriebskosten zu tragen sind und auch die steuerrechtliche Bewertung. Fest
steht, dass ein Mietvertrag nur entweder Mietraum oder Gewerberaum betreffen
kann, eine Mischform ist nicht möglich. Wie aber sieht diese „entweder/oder -
Einordnung“ aus, wenn in einem Mietvertrag verschiedene Kriterien aus beiden
Bereichen zusammentreffen? Der Mieter wohnt und arbeitet z. B. in den
angemieteten Räumen?
Hierzu eine Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 8.
Oktober 2015 (AZ: 25 O 119/15):
In der Entscheidung war zwischen dem Vermieter und einer GmbH
als Mieterin zunächst ein Vertrag „zum Betrieb eines Büros“ unterzeichnet
worden. Vor Unterzeichnung des Vertrages erfolgte eine Besichtigung der Räume
durch den Prokuristen der GmbH mit seiner Lebensgefährtin. Hierbei war auch
gegenüber dem Vermieter erklärt worden, die Räume sollten zu Wohnzwecken genutzt
werden, eine weitere Einheit im Haus solle im Folgenden als Gewerbeeinheit
„dazugemietet“ werden. Tatsächlich wurden die Räume nie als Büro genutzt. Es
wurde dann seitens des Vermieters der Mietervertrag gekündigt und rückständige
Miete eingefordert. Bei der Kündigung ging der Vermieter davon aus, dass es sich
um einen Mietvertrag über Gewerberäume handelt und hat daher aufgrund des hohen
Streitwertes die Klage bei dem Landgericht Berlin erhoben.
Das Gericht musste zunächst die maßgebliche Frage klären, ob
es sich um Wohnraum oder Gewerberaum handelt. Der Mieter behauptete, da die
Räume entgegen der ausdrücklichen Benennung im Mietvertrag immer als Wohnung
genutzt worden waren, müssten ihm die entsprechenden Schutzvorschriften für
Mieter zur Seite stehen. Es sei daher auch das Amtsgericht Berlin für diesen
Rechtsstreit zuständig, da bei Wohnraummietverhältnissen das Gesetz eine
Zuweisung an das örtliche Amtsgericht vorsieht, unabhängig von der Höhe der
geltend gemachten Forderung.
Das Landgericht gab dem Kläger in diesem Punkt Recht. Es
handelt sich um einen Geschäftsraummietverhältnis. Denn Geschäftsräume sind es
auch dann, wenn eine GmbH eine Immobilie anmietet und diese dann dem Prokuristen
zu Wohnzwecken überlässt. Wesentlich ist hier, dass der Vertragspartner, also
die GmbH, die Räume nicht zu Wohnzwecken nutzen kann - eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung kann schlicht nicht wohnen. Wenn die GmbH dann wieder die
Räume an einen Dritten – hier ihren Prokuristen – weitergibt, ändert dies nichts
an der Art des Vertrages. Der Vertrag mit der GmbH ist und bleibt gewerblich,
unerheblich wie dann die Wohnung genutzt wird.
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