Auch getarnte Fahrzeuge dürfen Sonderrechte nutzen - müssen
aber sorgsam sein
Bonn/Berlin. Auch getarnte Fahrzeuge können Sonderrechte in Anspruch nehmen,
das heißt, Verkehrsregeln überschreiten. Da in ihrem Falle weder Blaulicht noch
Martinshorn genutzt werden, müssen die Fahrer ganz besonders darauf achten,
andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Auf eine entsprechende
Entscheidung des Landgerichts Bonn vom 9. Januar 2012 (AZ: 1 O 276/11) wird
hingewiesen.
Ein Autofahrer fuhr innerorts auf eine Kreuzung Richtung Bundesstraße zu. Ein
ziviles Einsatzfahrzeug der GSG 9 überholte ihn mit ungefähr 70 km/h. Das
Fahrzeug befand sich auf einem Übungseinsatz im Rahmen einer
Observationsfortbildung und war nicht mit Signallicht oder Sirene ausgestattet.
Der Überholvorgang konnte wegen der Nähe zur Kreuzung nicht beendet werden. Die
beiden Autos berührten sich.
Der Autofahrer hat Anspruch auf Schadensersatz. Im Rahmen der Übung habe das
GSG 9-Fahrzeug zwar auch „getarnt“ Sonderrechte in Anspruch nehmen dürfen.
Jedoch sei auch die Inanspruchnahme von Sonderrechten an das so genannte
Übermaßverbot gebunden. Das heißt, die Rechte dürften nur unter Wahrung
größtmöglicher Sorgfalt genutzt werden. Dies gelte insbesondere für Fahrzeuge,
die Sonderrechte ohne spezielle Warnzeichen in Anspruch nähmen. Der Fahrer des
GSG 9-Fahrzeugs habe zu knapp vor einer unübersichtlichen Kreuzung überholt und
das Überholen nicht mehr abschließen können. Zudem habe er den Seitenabstand
nicht gewahrt. Damit habe der Fahrer des Sonderfahrzeugs den späteren Kläger in
unzulässiger Weise gefährdet. Zudem habe er sich in einer Übung und nicht in
einem tatsächlichen Notfall befunden. Er hätte vorsichtiger fahren müssen.
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