Verkehrsverstoß: Fahrtenbuchauflage auch nach über einem Jahr
Lüneburg/Berlin. Liegt zwischen dem Verkehrsverstoß und der
Anordnung eines Fahrtenbuches ein langer Zeitraum, kann die Fahrtenbuchauflage
unverhältnismäßig sein. Bei der Bewertung ist die Dauer der notwendigen
Ermittlungen, die Geschäftsbelastung der Behörden und das Verhalten des
Fahrzeughalters zu berücksichtigen. Auch noch ein Jahr nach dem Verkehrsverstoß
kann eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden. Dabei kann die Dauer der
Fahrtenbuchauflage bei Motorrädern höher ausfallen als bei Pkw. Das besagt ein
Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 18. Juli 2014 (AZ: 12 LB 76/14).
Das Motorrad des späteren Klägers wurde im Juni 2010 außerhalb
einer geschlossenen Ortschaft geblitzt, als es 27 km/h zu schnell fuhr. Der
Halter erhielt noch im Juni einen Anhörungsbogen mit einem Heckfoto des
Motorrades. Nach Akteneinsicht erklärte er, er wisse nicht, wer zum fraglichen
Zeitpunkt das Motorrad gefahren habe. Es werde von mehreren Familienmitgliedern
genutzt. Bei der Polizeidienstelle äußerte er sich nicht zur Sache und machte
von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Die weiteren Ermittlungen wurden
im September eingestellt. Im Oktober 2011 ordnete die Behörde ein Fahrtenbuch
für die Dauer von 15 Monaten an. Dagegen klagte der Motorradbesitzer.
Ohne Erfolg. Ein Fahrtenbuch könne angeordnet werden, wenn
nach einem Verkehrsverstoß die Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich
sei. Auch müsse ein Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht vorliegen. Bei
Überschreitung der Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27
km/h liege ein solch schwerwiegender Verstoß vor.
Den Motorradhalter rette auch nicht, dass zwischen dem
Verkehrsverstoß und der Anordnung des Führens eines Fahrtenbuches über zwölf
Monate vergangen waren. Zwar könne nach einem langen Abstand die Anordnung
unverhältnismäßig sein, so die Richter. Dabei müssten allerdings die Faktoren
Dauer der Ermittlung, Belastung der Behörde und Mitwirkung des Betroffenen
berücksichtigt werden. Der Abstand von zwölfeinhalb Monaten sei hier nicht zu
beanstanden.
Da ein Motorrad nicht ganzjährig genutzt werde, dürfe die
Fahrtenbuchauflage auch länger angeordnet werden als dies bei Autos üblich sei.
◄
zurück
|