Keine Betriebsgefahr bei abgestelltem Motorrad
Tübingen/Berlin. Generell geht von Kraftfahrzeugen eine so
genannte Betriebsgefahr aus. Dies bedeutet, dass sich allein schon aus dem
Betrieb eines Fahrzeugs eine Gefahr ergibt. Wird jemand durch ein Fahrzeug
verletzt, bemisst sich auch anhand dieser Betriebsgefahr die Verteilung der
Haftung. So kann beispielsweise ein Autofahrer, der schuldlos mit einem
Fußgänger in einen Unfall verwickelt ist, wegen dieser Betriebsgefahr auch
teilweise haften. Allerdings hat das Landgericht Tübingen entschieden, dass von
einem auf dem Seitenständer abgestellten Motorrad keine Betriebsgefahr ausgeht
(Urteil vom 31. Mai 2010; AZ: 7 S 11/09).
In dem Rechtstreit ging es um die Frage, ob sich ein auf dem
Seitenständer abgestelltes Motorrad, das umgefallen ist und die Motorhaube eines
daneben geparkten Pkw beschädigt hat, noch in Betrieb befunden hat. Sowohl in
der ersten als auch in der zweiten Instanz scheiterte die Klage der Versicherung
des Pkw-Halters gegen den Motorradinhaber. Die von einem Motorrad ausgehende
Betriebsgefahr komme nicht zum Tragen, wenn ein ordnungsgemäß und hinreichend
stabil auf dem Seitenständer abgestelltes Motorrad allein durch eine von außen
einwirkende Kraft, wie zum Beispiel einen Windstoß oder einen vorbeilaufenden
Passanten, umgeworfen werde. Das Motorrad unterscheide sich dann nicht von
anderen sperrigen Gegenständen, die in gleicher Weise auf einer Parkfläche
abgestellt werden, wie etwa ein Fahrrad, eine Leiter oder Sperrmüll. Diese
könnten ebenso vom Wind auf daneben befindliche Pkw gedrückt werden.
Bei einem Unfall ist die Haftungslage oft unklar. Die
Verteilung der Haftungsquote kann sich auch nach der so genannten Betriebsgefahr
bemessen. Ist die Haftung unklar, ist dringend anwaltliche Hilfe geboten.
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