Wann darf die Bank ein Firmenkonto kündigen?
Berlin. Nicht nur Privatleute benötigen ein Girokonto für die
Abwicklung ihrer Geldgeschäfte, sondern auch Unternehmen. Wenn die Bank das
Konto kündigt, zieht dies für den betroffenen Betrieb einen großen Aufwand und
unter Umständen sogar existenzielle Probleme nach sich. In unterschiedlichen
Instanzen mussten sich die Gerichte mit der Frage befassen, wann eine
Kontokündigung durch die Bank rechtens ist.
Ein Fall, der im Januar vor dem Bundesgerichtshof (BGH)
verhandelt wurde, betraf einen als GmbH firmierenden Buchhändler, dem die
kontoführende Privatbank die Kündigung zugestellt hatte. Das Geldinstitut
begründete die Kündigung mit „grundsätzlichen Erwägungen“. Dass der Buchhändler
rechtsgerichtetes Schriftgut im Sortiment führte, war weder bei der Kündigung
noch im Gerichtsprozess von Belang. Zwar verwies der BGH den Fall an das
Hanseatische Oberlandesgericht Bremen zurück, weil die Vertretungsbefugnis bei
der Kündigung nicht zweifelsfrei geklärt war. Dennoch war der Tenor aus
Karlsruhe eindeutig: Eine privatwirtschaftliche Bank sei nicht wie die
Sparkassen dem Gemeinwohl verpflichtet und könne daher einen Girokontovertrag
auch ohne ausführliche Begründung ordnungsgemäß innerhalb der vereinbarten Frist
kündigen (Urteil vom 15. Januar 2013, AZ: XI ZR 22/12).
Dagegen scheiterten Sparkassen schon mehrfach mit dem
Ansinnen, Parteikonten der rechtsextremen NPD zu kündigen. Hier sahen die
Richter die Institute regelmäßig direkt dem Grundgesetz verpflichtet, das die
Gleichbehandlung der Kunden verlangt. Auch die BGH-Richter deuteten an, dass der
Fall des Buchhändlers anders gelagert sein könnte, wenn es sich beim
kontoführenden Geldinstitut um eine Sparkasse gehandelt hätte. Diese Institute
sind zwar nicht unmittelbar verpflichtet, Geschäftskonten für die Unternehmen in
ihrer Region zu führen. Doch die Sparkassengesetze der Länder enthalten explizit
die Förderung der regionalen Wirtschaft als Geschäftszweck. Daraus lässt sich
ableiten, dass eine Sparkasse nur bei triftigem Grund ein Geschäftskonto
kündigen darf.
Ein solcher Grund kann vorliegen, wenn das kontoführende
Unternehmen betrügerische Geschäfte macht. Das bekam eine in München ansässige
Anwältin zu spüren, die in unlauterer Weise massenhaft Abmahnungen an
Internetnutzer verschickt hatte. Die Sparkasse sah darin den Tatbestand des
Betrugs erfüllt und konnte die Kontenkündigung vor dem Landgericht München
durchsetzen (Urteil vom 12. Mai 2009, AZ: 28 O 398/09).
Unabhängig davon, ob es sich beim kontoführenden Institut um
eine Sparkasse oder eine privatwirtschaftliche Bank handelt, darf die Kündigung
nicht zur Unzeit erfolgen. Dies wäre der Fall, wenn der gekündigte Kunde keine
neue Bank findet und dann keine Geldgeschäfte mehr abwickeln könnte. So
verhängte das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg eine einstweilige
Verfügung gegen eine Bank, die einem Unternehmen gekündigt hatte, das
Dienstleistungen für iranische Reedereien erbrachte und damit dem Iran-Embargo
unterlag. Die Vertreter des Unternehmens konnten glaubhaft darlegen, dass sie
bei mehr als 100 Banken in Deutschland und Europa Kontoeröffnungsanträge
gestellt und dennoch keine neue Bankverbindung erhalten hatten. Daher müsse die
Bank das Konto so lange weiterführen, bis der Kunde eine neue Bank gefunden
habe, urteilten die Hamburger Richter (Urteil vom 30. Mai 2012, AZ: 13 W 17/12).
Achtung: Die Zeit für die Prüfung des Sachverhalts ist knapp
bemessen. Bei einer ordentlichen Kündigung des Girokontovertrags muss die Bank
eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Wochen einhalten.
◄
zurück
|