Eltern entscheiden über Schwangerschaftsabbruch von
minderjähriger Tochter - Wohl der Schwangeren entscheidend
(red/dpa). Möchte eine minderjährige junge Frau ihre
Schwangerschaft abbrechen, müssen die Sorgeberechtigten - in der Regel die
Eltern - zustimmen. Verweigern sie die Zustimmung ohne Rücksicht auf das Wohl
der Schwangeren, kann die Entscheidungsbefugnis unter Umständen auf eine andere
Person, etwa einen Ergänzungspfleger, übertragen werden.
Das 13-jährige Mädchen war schwanger geworden, wollte das Kind
aber nicht behalten. Ihr Wunsch war es, weiter zur Schule zu gehen, Abitur und
eine Ausbildung zu machen. Sie hatte sich bereits über den
Schwangerschaftsabbruch nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz beraten lassen,
hatte eine Frauenärztin und die Beratungsstelle aufgesucht.
Das junge Mädchen lebt erst seit drei Jahren mit ihrer Mutter
zusammen. Vorher war sie bei ihren Großeltern in Kamerun aufgewachsen. Bereits
nach kurzer Zeit entstanden zwischen beiden Konflikte und Streitigkeiten. Die
Tochter warf ihrer Mutter vor, sie zu schlagen, sie aus der Wohnung
auszuschließen und sonstiges aggressives Verhalten zu zeigen. Vor diesem
Hintergrund hatte sie Angst, mit ihrer Mutter über die Schwangerschaft zu
sprechen und wandte sich an den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD). Dieser nahm
das Mädchen in Obhut. Es lebt derzeit in einem Mädchenhaus.
Der ASD führte ein Gespräch mit der Mutter, um sie über die
Schwangerschaft zu informieren. Die Mutter lehnte einen Schwangerschaftsabbruch
jedoch kategorisch ab, da sie gläubige Christin sei. Sie zeigte jedoch kaum
Bereitschaft, ihre Tochter und deren kleines Kind zukünftig zu unterstützen.
Das Amtsgericht hatte eine Ergänzungspflegschaft -
wahrgenommen vom Jugendamt - angeordnet, der die Gesundheitssorge, das
Aufenthaltsbestimmungs- und das Erziehungsrecht umfasste. Das ging der
Amtspflegerin nicht weit genug: Sie legte Beschwerde ein.
Das Oberlandesgericht (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg
am 5. März 2014; AZ: 10 UF 25/14) entschied, dass die Ergänzungspflegschaft auch
auf die ‚Ersetzung der Einwilligung zum Schwangerschaftsabbruch’ erweitert wird.
Das bedeutet, dass statt der sorgeberechtigten Mutter nun der Ergänzungspfleger
über den Schwangerschaftsabbruch entscheiden kann.
Die Richter sahen eine Gefährdung des geistig-seelischen Wohls
des jungen Mädchens, sollte sie gegen ihren Willen gezwungen werden, ihr Kind
auszutragen. Zwar übe ein sorgeberechtigtes Elternteil, der seine Zustimmung zu
einem von seiner minderjährigen Tochter geplanten Schwangerschaftsabbruch
verweigere, nicht schon deshalb sein Sorgerecht missbräuchlich aus. Ein
fehlerhaftes Verhalten des Elternteils könne aber dann vorliegen, wenn die
Schwangere nicht die notwendige Unterstützung bei der Betreuung des Kindes und
ihrer eigenen weiteren Entwicklung erhalte. Das sei hier der Fall.
Auch in der Tatsache, dass die Mutter Druck auf ihre Tochter
ausgeübt habe, das Kind auszutragen und ihren gegenteiligen Wunsch einfach
ignoriert habe, sahen die Richter ein „missbräuchliches Ausüben der elterlichen
Sorge“.
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