Auf welche Schule - Eltern entscheiden über den Bildungsweg
Die Schulfrage trifft alle Eltern: Sie müssen sich Gedanken
über die schulische Laufbahn ihrer Kinder machen. Die Möglichkeiten reichen von
Hauptschulen über Gymnasien bis hin zu Gesamtschulen. Und auch nach der
Entscheidung der Eltern ist nicht sicher, ob sie den gewünschten Platz für ihr
Kind bekommen - mitunter gibt es sogar Losverfahren. Das Oberverwaltungsgericht
Sachsen-Anhalt (Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 01.
Oktober 2012, AZ: 3 M 687/12) hat jetzt entschieden, dass die Eltern einen
gesetzlichen Anspruch haben, den Bildungsweg ihrer Kinder zu bestimmen. Wer
beispielsweise sein Kind auf eine Gesamtschule schicken will, muss auch bei
fehlenden Plätzen an einer bestimmten Schule ein Angebot für das gewünschte
Schulsystem erhalten. Man muss sich dann nicht auf einen anderen Schultyp
verweisen lassen.
Die Eltern eines Grundschülers hatten vor Beginn des
Schuljahres 2012/2013 die Aufnahme ihres Kindes in die 5. Klasse an einer der
beiden Integrierten Gesamtschulen in der Stadt beantragt. Da es mehr Anmeldungen
gab, als Plätze an den beiden Schulen vorhanden waren, hatte die Stadt ein
Losverfahren durchgeführt. Dabei erhielt der Schüler keinen Platz an einer der
Gesamtschulen, sondern stattdessen einen Platz an einem Gymnasium, das die
Eltern des Schülers nur als nachrangigen Wunsch angemeldet hatten.
Vor Gericht konnten die Eltern die Einschulung an einer der
Gesamtschulen durchsetzen: Nach den Regelungen des Schulgesetzes hätten sie im
Rahmen der Regelungen des Bildungsweges die Wahl zwischen den Schulformen und
Bildungsgängen, die zur Verfügung stünden. Zwar habe der Landesgesetzgeber durch
eine Gesetzesänderung im Jahr 2008 den Schulträgern die Möglichkeit eröffnet,
auf die Bestimmung von Schuleinzugsbereichen zu verzichten und stattdessen
Kapazitätsgrenzen für die verschiedenen weiterführenden Schulen (Sekundarschule,
Gymnasium, Gesamtschule) festzusetzen. Mit dieser Regelung sollten jedoch nur
schulorganisatorische Belange, vor allem eine möglichst gleichmäßige Auslastung
der Schulen, und die verfassungsrechtlich geschützten Interessen von Eltern und
Schülern in Einklang gebracht werden. Der Schulträger könne zum Beispiel ein
Losverfahren durchführen mit der Folge, dass ein Schüler nicht sein
"Wunschgymnasium" im Gebiet eines Schulträgers, sondern ein anderes Gymnasium in
diesem Gebiet besuchen müsse. Schulträger dürften aber nicht das gesetzliche
Elternrecht auf freie Wahl des Bildungsweges beschränken. Deswegen könne der
Schüler hier nicht darauf verwiesen werden, anstelle einer Gesamtschule ein
Gymnasium zu besuchen. Zwar habe die Stadt ausgeführt, dass nach einem von ihr
beschlossenen Schulentwicklungsplan und nach Verwaltungsvorschriften des
Kultusministeriums die Kapazitätsgrenzen erschöpft seien, doch dürften diese
verwaltungsinternen Vorschriften nicht den gesetzlichen Anspruch auf Wahl des
Bildungsganges oder der Schulform einschränken. Die Richter hatten zudem nicht
feststellen können, dass die Aufnahmekapazität an der gewünschten Gesamtschule
wegen Raum- und Platzmangels bereits erschöpft sei.
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