Ehevertrag: einseitige Änderung des Zugewinnausgleichs
Durch Eheverträge sollen Konsequenzen einer möglichen Trennung
vorab und abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt werden. Fehlt es an
einem Ehevertrag, gilt beispielsweise der Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Dies bedeutet, dass während der Ehezeit erworbenes Vermögen bei einer Trennung
geteilt werden muss. Allerdings sind Eheverträge stets einer richterlichen
Kontrolle zu unterziehen, um unangemessene Benachteiligungen eines Ehegatten
oder Beeinträchtigungen des Kindeswohls zu vermeiden. Die Entscheidungsfreiheit
der Ehegatten findet ihre Grenzen dort, wo eine offensichtlich einseitige und
durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr
gerechtfertigte Lastenverteilung entsteht. Das ist dann der Fall, wenn die
Lastenverteilung für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint.
So hatte das Oberlandesgericht Nürnberg (Beschluss des
Oberlandesgerichts Nürnberg vom 16. Februar 2012, AZ: 9 UF 1427/11) über die
Frage der groben Unbilligkeit eines Ehevertrages zu entscheiden, in dem auf
Seiten des einen Ehegatten Vermögensgegenstände von der Berechung des
Zugewinnausgleichs ausgeschlossen worden waren.
Das Paar hatte 1980 geheiratet. Der Ehemann, der
Antragsteller, ist von Beruf Busfahrer, sein frühere Frau OP-Schwester. Das
monatliche Nettoeinkommen beider beläuft sich jeweils auf etwa 2.000 Euro. Als
die Eltern der Frau ihrer Tochter Grundstücke und die darauf befindlichen
Gebäude inklusive des Wohnhauses der Eheleute übertrugen, vereinbarte das
Ehepaar mit notariellem Ehevertrag eine Güterstandsmodifizierung. Diese sah vor,
dass die übertragenen Grundstücke und Gebäude im Falle einer Trennung beim
Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt werden sollten. Nach der Scheidung des
Paares wurden sie daher weder zur Berechnung des Anfangsvermögens noch des
Endvermögens der Ehefrau herangezogen. Dies führte dazu, dass der Frau ein
Zugewinnausgleichsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann von rund 17.000 Euro
zustand.
Der vom Ehemann beanstandete Ehevertrag sei gültig, so das
Gericht. Grund für den Abschluss des Ehevertrags sei die Absicht gewesen, der
Ehefrau den von den Eltern zugewendeten Grundbesitz auch dann zu erhalten, wenn
die Ehe scheitern sollte. Deshalb sollte aus diesem Grundvermögen keine
Zugewinnausgleichsleistungen an den Ehemann erbracht werden und keine
Verpflichtung zu sonstigen finanziellen Entschädigungen entstehen. Für eine
weitergehende Vertragsauslegung dahingehend, dass die Beteiligten auch eine
Ausgleichsverpflichtung des Ehemannes ausschließen wollten, fehle jeder
Anhaltspunkt.
Es stehe Ehepartnern grundsätzlich frei, ihre ehelichen
Lebensverhältnisse eigenverantwortlich entsprechend ihren individuellen
Bedürfnissen und Vorstellungen zu gestalten und ihre güterrechtlichen
Verhältnisse durch Ehevertrag zu regeln. So könnten sie etwa den gesetzlichen
Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufheben oder vollständig oder teilweise
ausschließen. In einem Ehevertrag könnten Gütertrennung oder Gütergemeinschaft
gewählt oder auch Veränderungen innerhalb der Zugewinngemeinschaft vorgenommen
werden.
Eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages scheide ebenfalls aus.
Eine solche liege nur dann vor, wenn sich eine Vertragspartei unter Ausbeutung
einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der
erheblichen Willensschwäche der anderen Partei Vermögensvorteile versprechen
oder gewähren lasse, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung
stünden. Dies sei hier nicht erkennbar.
Es liege auch eine Lastenverteilung vor, die durch die
individuellen Verhältnisse und die Lebensgestaltung der Beteiligten
gerechtfertigt sei. Die Eheleute hätten damals eine in ökonomischer Hinsicht
gleichberechtigte Partnerschaft gelebt, denn beide seien stets berufstätig
gewesen. Die Ehe bestand bereits seit fast 16 Jahren, und das gemeinsame Kind
war zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alt. Grundlage der Planungen sei gewesen, dass
die Familie weiterhin das Anwesen der Eltern der Frau bewohnen wollte.
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