Pflege des Bruders – keine Vergütung
nach dessen Tod
Wer einen Angehörigen pflegt, hat nicht automatisch einen
Anspruch darauf, nach dem Tod des Erblassers hierfür einen finanziellen
Ausgleich zu erhalten. Auch genügt die Tatsache allein, dass Pflegeleistungen
erbracht wurden, nicht, um davon auszugehen, dass eine Pflegevereinbarung
zwischen Erblasser und Erbe bestanden hat. Das gilt insbesondere dann, wenn der
finanzielle Wert der erbrachten Pflegeleistungen niedriger liegt als die
testamentarisch vermachte Summe. Die Summe für die Pflegeleistungen muss in
diesem Fall nicht als Nachlassverbindlichkeit vorab von der gesamten Erbmasse
abgezogen und ausgezahlt werden. Das entschied das Landgericht Heidelberg in
einem Urteil vom 3. Februar 2009 (Az: 1 O 148/07).
Ein Mann hatte gemeinsam mit seiner Familie über mehrere Jahre
seinen alkoholabhängigen und seit 1999 zu 60 Prozent schwer behinderten Bruder
gepflegt. Nach dessen Tod erbte der Mann zwei Drittel des Vermögens. Sein Erbe
lag bei wahrscheinlich rund 93.000 Euro. Der Erbe meinte, die erbrachten
Pflegeleistungen müssten nun mit knapp 70.000 Euro entlohnt werden – er legte
bei seiner Rechnung als Beispiel die Vereinbarungen zwischen
Pflegeversicherungen und ambulanten Pflegediensten zugrunde. Durch die Pflege
sei de facto eine Pflegevereinbarung zwischen seinem Bruder und ihm entstanden.
Er habe seine Ansprüche jedoch nie geltend gemacht, da er davon ausgegangen sei,
dass dies im Testament berücksichtigt würde. Die Summe müsse nun vorab von der
gesamten Erbmasse als so genannte Nachlassverbindlichkeit abgezogen und ihm
gezahlt werden. Anschließend hätte der Kläger von dem Rest der Erbmasse gemäß
Testament noch zwei Drittel geerbt. Die Richter sahen das anders: Eine
konkludent abgeschlossene, also durch schlüssiges Handeln entstandene
Pflegevereinbarung sei nicht erkennbar.
Überdies habe sich der Kläger selbst widersprochen, da er in
einer späteren Befragung sagte, er habe kein Geld verlangt, da es sich um seinen
Bruder handele. Der Verstorbene, so die Richter, habe zu Lebzeiten nicht davon
ausgehen müssen, dass er mit seinem Bruder einen Dienstvertrag geschlossen habe.
Darüber hinaus sei das vermachte Vermögen so hoch, dass der Kläger auf jeden
Fall mehr erhalte, als er und seine Familie dem Bruder an Leistungen zukommen
ließen. Mit seiner Aussage, er habe eine testamentarische Vergütung erwartet,
sage der Kläger selber, dass seine Leistungen mit dem Erbe abgegolten seien.
Außerdem sahen die Richter in der gelegentlichen Hilfe zweier weiterer Personen
aus dem Umfeld des Verstorbenen lediglich ein „Gefälligkeitsverhältnis“.
Anzunehmen, dass diese das Verhältnis als einen „Dienstvertrag“ betrachteten,
wie der Kläger meinte, vernachlässige „die naheliegende Möglichkeit, dass es
Motivationen wie Freundschaft, Nachbarschaftshilfe und Nächstenliebe für ein
Tätigwerden in diesem Umfang“ gebe.
◄
zurück
|