Rechtsanwalt Gerhard Raab in Frechen-Königsdorf

Unterhalt auch für Studium

 

„Die Kinder sind volljährig und nun für sich selbst verantwortlich.“ Wer jedoch hofft, dass sich damit ein für alle mal auch Unterhaltsverpflichtungen erledigen, der irrt: Unterhalt ist auch dann für die Ausbildung zu zahlen, wenn die Kinder erwachsen sind. So hat das Oberlandesgericht Hamm einen Vater verpflichtet, seiner heute 25-jährigen Tochter Unterhalt für ein im Herbst 2011 aufgenommenes Journalistikstudium zu bezahlen (Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 05. Februar 2013, AZ: 7 UF 166/12).

Der im Jahre 1949 geborene Vater ist für das Auswärtige Amt im europäischen Ausland tätig. Er hatte sich in einem im Jahre 2005 abgeschlossenen Vergleich gegenüber seiner 1988 geborenen Tochter verpflichtet, Unterhalt zu zahlen. Die Tochter stammt aus der 2005 geschiedenen Ehe der Eltern und hat zwei Geschwister. Die Eltern trennten sich 2001. Die Tochter lebte danach bei der Mutter und machte im Jahre 2008 das Abitur. Zunächst studierte sie dann Tourismus und Freizeitmanagement in den Niederlanden. Dieses Studium brach sie Anfang 2010 ab, absolvierte in der Folgezeit mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Dann nahm sie das Studium der Journalistik auf. Der Vater berief sich auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab März 2010 und argumentierte unter anderem, seine Tochter sei nicht bedürftig, zum Studium nicht geeignet und habe keinen Unterhaltsanspruch mehr.

Das Amtsgericht hatte entschieden, dass die Unterhaltspflicht bis einschließlich September 2011 entfalle und der Tochter für die Folgezeit einen Unterhalt von monatlich rund 350 Euro zugesprochen. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung. Die Tochter habe, so die Richter, Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufsausbildung. Für das im Jahre 2011 aufgenommene Journalistikstudium sei sie ausbildungsgeeignet. Die aus dem Abiturzeugnis ersichtlichen Leistungen disqualifizierten sie nicht für das Studium, ihre bisher im Studium gezeigten Leistungen ließen ebenfalls darauf schließen, dass sie geeignet sei.

Die Tochter habe auch nicht gegen ihre so genannte Ausbildungsverpflichtung verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstausbildung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu unterstützen habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar wegen fehlender Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch. Es müsse seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24-jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufswahl erwartet werden. Ihm sei eine Orientierungsphase zur Berufswahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwicklungsstand und den Lebensumständen richte. Es sei danach noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden zu Beginn des vierten Semesters abgebrochen und sie sich im Anschluss an dieses nicht sehr zielgerichtet im Hinblick auf ihr jetziges Studium verhalten habe.

Die Tochter habe auch nicht in relevanter Weise gegen ihre Informationsverpflichtungen verstoßen. Sie habe ihren Vater zwar im Hinblick auf die Studienerfolge des ersten Studiums unzutreffend unterrichtet und auch eigene Bezüge verschwiegen. Über das jetzt aufgenommene Studium habe sie ihn jedoch ausreichend informiert. Durch dieses Studium sei eine neue Situation entstanden. Der Tochter sei zuzubilligen, ihr Studium zügig zu Ende zu führen. Hierzu bedürfe es auch der Unterstützung durch ihren Vater.

 

 

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