Elternunterhalt - BGH präzisiert Schonvermögen der Kinder bei
Immobilienbesitz
Karlsruhe/Berlin. Nicht nur Eltern schulden ihren Kindern
Unterhalt. Sind die Eltern bedürftig, werden auch Kinder zur Unterstützung ihrer
Eltern herangezogen. Aber dies gilt nicht grenzenlos. Der Bundesgerichtshof
(BGH) hat in einer Entscheidung vom 7. August 2013 (AZ: XII ZB 269/12)
bestätigt, dass der Wert einer selbst bewohnten Immobilie auf das Schonvermögen
eines seinen Eltern gegenüber unterhaltspflichtigen Kindes nicht angerechnet
werden darf. Über dieses Urteil informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht
des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
„Diese Entscheidung ist insoweit wichtig, als die
Verwaltungspraxis vielfach das Gegenteil angenommen hat. Die wirtschaftlichen
Auswirkungen der Entscheidung sind erheblich“, erläutert Rechtsanwalt Jörn Hauß,
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht und des Gesetzgebungsausschusses
Familienrecht des DAV. So könnte z. B. ein Kind im Alter von 55 Jahren und mit
einem Jahreseinkommen von brutto 60.000 Euro nach der Berechnungsformel des BGH
für das Schonvermögen (BGH, Urteil vom 30. August 2006, AZ: XII ZR 98/04) ein
Vermögen von 245.000 Euro haben, ohne dass dieses angegriffen werden müsste. Da
im Elternunterhalt die Lebensstandardgarantie gilt (BGH, Urteil vom 23. Oktober
2002, AZ: XII ZR 266/99), kann dem unterhaltspflichtigen Kind nicht zugemutet
werden, die selbst bewohnte Immobilie zu veräußern oder zu vermieten, um seine
unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit gegenüber den Eltern zu erhöhen.
Dies hat zwingend zur Folge, dass der Wert des
Immobilienvermögens bei der Berechnung des Altersvorsorgeschonvermögens außer
Betracht bleibt.
Die Entscheidung muss nun auch dazu führen, dass Zins- und
Tilgungsraten für eine selbst bewohnte Immobilie nicht auf das
Altersvorsorgeschonvermögen angerechnet werden können. Im Fall eines
Bruttoeinkommens von 60.000 Euro können jährlich 3.000 Euro für die sogenannte
sekundäre Altersvorsorge angespart werden, wobei die Anlageform gleichgültig
ist. Wird daneben noch der Kredit für eine selbst bewohnte Immobilie abbezahlt,
können dessen Zins- und Tilgungsleistungen zusätzlich vom anrechenbaren
Einkommen abgezogen werden.
Was sollten die vom Elternunterhalt betroffenen Kinder also
tun? Die Konsequenz für die vom Elternunterhalt betroffenen Kinder ist, die
Verbindlichkeiten für die selbst bewohnte Immobilie keineswegs vorrangig zu
tilgen sondern eher dafür zu sorgen, Vermögen bis zur Höhe des nach den
individuellen Verhältnissen zu berechnenden Altersvorsorgeschonvermögens zu
bilden. Tritt der Elternunterhaltsfall ein, kann Altersvorsorgeschonvermögen in
Höhe der Regelbeträge gebildet werden und zusätzlich Vermögensbildung durch
Tilgung des Immobilienkredits betrieben werden.
Im Elternunterhalt gilt der Grundsatz, dass Vermögen des
Schwiegerkindes nicht zum Elternunterhalt herangezogen werden kann. Entgegen der
Annahme vieler Betroffener steht das Vermögen von Ehegatten auch nicht jedem zur
Hälfte zu, sondern demjenigen, auf dessen Namen es angelegt ist. Daraus ergeben
sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten im Interesse der betroffenen Kinder.
In vielen Fällen werden nun die Betroffenen die Möglichkeit
haben, ihre Unterhaltsleitungen für die Eltern zu reduzieren. Allerdings wird
sich der Sozialhilfeträger nicht von selbst melden und eine Reduktion anbieten.
Die Betroffenen müssen vielmehr vom Träger der Sozialhilfe eine
Unterhaltsneuberechnung verlangen. Meist werden sie dazu anwaltliche Hilfe
benötigen, da nicht nur die jetzt vom BGH entschiedene Frage von den
Sozialämtern oft zu Unrecht zu Ungunsten der Betroffenen entschieden wird.
Elternunterhaltsrecht ist auch innerhalb des Familienrechts eine Spezialmaterie.
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