Kein Vaterschaftstest bei Zwillingen

Kommen beide Zwillinge eines eineiigen Zwillingspaars als Vater eines Kindes in Frage, lässt sich die Vaterschaft nicht durch ein genetisches Abstammungsgutachten klären. Es existiert nach heutigem Stand der Wissenschaft kein erprobtes Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft bei eineiigen, also genetisch als identisch anzusehenden Zwillingen. Daher kann man sie nicht zur Abgabe einer Spermaprobe verpflichten, wie jetzt das Oberlandesgericht Celle entschied (Urteil vom 30. Januar 2013, AZ: 15 UF 51/06).

Ein vierzehnjähriger Junge wollte erfahren, wer sein biologischer Vater ist. Im Empfängniszeitraum hatte seine Mutter mit eineiigen Zwillingsbrüdern verkehrt und mit beiden Männern Geschlechtsverkehr gehabt.

Die Richter entschieden, dass den beiden Brüdern die Abgabe einer Spermaprobe oder die Einbeziehung ihres codierenden DNA-Bestandteils in die Abstammungsuntersuchung nicht zuzumuten sei. Denn nach den bisherigen anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft verspreche deren Untersuchung keine Aufklärung des Sachverhaltes. Lediglich mit rein theoretisch diskutierten Vorgehen und nicht erprobten Verfahren könnte man versuchen, die genetischen Anlagen des Kindes einem der Zwillinge zuzuordnen. Die Erfolgsaussichten dieser nicht erprobten Verfahren hätten die Gutachter insgesamt als gering gewertet. Aus diesen Gründen hätten die Zwillingsbrüder die Abgabe der Spermaprobe verweigern können. Der darin liegende Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei ihnen unzumutbar. Im Gegensatz zum „reinen" genetischen Fingerabdruck ließen sich durch die codierten Bestandteile der DNA erhebliche Rückschlüsse auf charakter- oder krankheitsbezogene Persönlichkeitsmerkmale ziehen. Dies müssten die beiden Männer auch nicht mit Rücksicht auf das Recht des Jungen auf Kenntnis seiner Abstammung dulden. Dies sei vor allem auch deshalb der Fall, weil die Analyse dieser Erbgutbestandteile im Wege eines Verfahrens mit experimentellem Charakter erfolgen würde, das gerade keine gesicherte und verifizierte Ergebnisse verspreche.

Rechtsanwalt Gerhard Raab

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